Teampräsentation

Die Leverkusener Arbeitsgruppe des Projektes „StadtRäume – UrbanSpaces“ wird vom Opladener Geschichtsverein von 1979 e.V. (OGV) koordiniert. Die Arbeitsgruppe trifft sich in der Regel ein Mal monatlich in der Villa Römer, dem Sitz des OGV im Leverkusener Stadtteil Opladen (Abb. 1). Der OGV mit seinem 1. Vorsitzenden Michael D. Gutbier ist gleichzeitig Initiator des internationalen Projekts „StaR-UrbS“.  

Der im Jahr 1979 vom damals 13-jährigen Michael Gutbier und ein paar Mitschülern gegründete Opladener Geschichtsverein (OGV) widmet sich vorrangig folgenden Zielen: Förderung von Bildung und Erziehung, insbesondere historisch-politische Bildungsarbeit in den Bereichen allgemeine Geschichte, Regional- und Lokalgeschichte sowie Förderung der Pflege und Erhaltung von Kulturwerten in Leverkusen. Einen Schwerpunkt bildet hierbei die bis zum Jahre 1975 selbständige Kreisstadt Opladen. Der OGV unterhält ein Vereinsarchiv, das historische Fotografien, Zeitungsartikel sowie Karten umfasst; es steht Interessierten zur Nutzung offen. Jährlich zeigt der OGV eine Sonderausstellung in der Villa Römer – Haus der Stadtgeschichte. Mit Geschichtsvereinen und ähnlichen Einrichtungen im In- und Ausland unterhält der OGV Partnerschaften, vor allem in den europäischen Partnerstädten Leverkusens (Bracknell, Ljubljana, Oulu, Raciborz, Schwedt, Villeneuve d'Ascq) sowie mit dem Jülicher Geschichtsverein. Der OGV gibt zwei Schriftenreihen heraus: den „MONTANUS – Schriftenreihe zur Lokal- und Regionalgeschichte in Leverkusen“ (bisher 19 Ausgaben) und den „OGV-Kurier“ mit Vereinsmitteilungen und historischen Beiträgen (bisher 97 Hefte). Fahrten, Exkursionen und Vorträge runden das Vereinsprogramm ab. 

Die Wissenschaftliche Kommission des OGV gibt Impulse für die inhaltliche Arbeit des Vereins. Ihr Vorsitzender ist Prof. Dr. Wolfgang Hasberg von der Universität zu Köln, sein Stellvertreter ist Guido von Büren, Vorsitzender des Jülicher Geschichtsvereins. Beide sind neben Michael Gutbier Projektleiter des Projekts „StaR-UrbS“ und Koordinatoren der Leverkusener Projekt-AG. Der Projekt-AG gehören außerdem einige Mitglieder des Vorstands an (Abb. 2). Hinzu kommen externe Geschichtsinteressierte, sowohl Laien als auch professionelle Historiker. Hier sind vor allem Dr. Julius Leonhard, Direktor des Stadtarchivs Leverkusen, und Dr. Alexander Kierdorf vom Verein Rheinische Industriekultur e.V. zu nennen. 

Das „Team Leverkusen“ unterhält somit durch seine personelle Zusammensetzung enge Kontakte zu weiteren Instituten und Organisationen, insbesondere zum Stadtarchiv Leverkusen, zum Jülicher Geschichtsverein und zu Studierenden der Universität zu Köln. 

 

Stadtpräsentation

Die Stadt Leverkusen ist eine kreisfreie Großstadt und hat ca. 160.000 Einwohner. Sie liegt im Westen Deutschlands, in dessen bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen. Sie grenzt im Südwesten an die Millionenstadt Köln, die viertgrößte Stadt des Landes.  

Das Wahrzeichen der Stadt Leverkusen ist das Bayer-Kreuz [Abb. 1], die größte Leuchtreklame der Welt. Das weithin im Umland sichtbare Bayer-Kreuz verweist auf den Hauptsitz des Chemie- und Pharmakonzerns Bayer, der sich in Leverkusen befindet. Die Bayer AG ist nach wie vor mit Abstand größter Arbeitgeber in Leverkusen. 

Ein bedeutender Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung Leverkusens war und ist ihre Lage an wichtigen Verkehrswegen: Zum einen liegt Leverkusen am Rhein und damit an einer der verkehrsreichsten Wasserstraßen Europas. Darüber hinaus wird das Stadtgebiet von drei Eisenbahnlinien und von drei Autobahnen durchzogen. Im Autobahnkreuz Leverkusen, das geographisch zentral in der Stadt liegt, treffen zwei der längsten Autobahnen Deutschlands aufeinander. Die Leverkusener Rheinbrücke – zurzeit entsteht ein Neubau direkt neben der maroden Brücke von 1965 – verbindet Leverkusen mit dem Kölner Norden. 

In Leverkusen gibt es mehrere Museen, von denen das bedeutendste das städtische Museum Morsbroich ist. Das Museum befindet sich in einem Barockschloss und ist auf zeitgenössische Kunst spezialisiert. In der Villa Römer, einer Industriellenvilla aus dem 19. Jahrhundert, befindet sich das Haus der Stadtgeschichte, in der die drei Leverkusener Geschichtsvereine verschiedene wechselnde Ausstellungen sowie die Dauerausstellung „ZeitRäume Leverkusen“. Das Industriemuseum Freudenthaler Sensenhammer befindet sich in einer stillgelegten Sensenschmiede und wird auch als Konzert- und Veranstaltungsort genutzt.  

 

Darüber hinaus ist Leverkusen national und international als Sportstadt bekannt. Heute ist das Aushängeschild die Fußballmannschaft von Bayer 04 Leverkusen, die ihre Heimspiele in der zentral im Stadtgebiet gelegenen BayArena austrägt. Große Erfolge konnten aber auch die Abteilungen Leichtathletik, Basketball, Volleyball und Handball von Bayer 04 erringen. Die Basketballer der „Bayer Giants“ sind Rekordmeister der Basketball-Bundesliga, die Handball-Damen sind das einzig verbliebene Gründungsmitglied der Handball-Frauen-Bundesliga und ebenfalls das Team mit den meisten Titeln.  

Wenn man die Gegend betrachtet, in der heute die Stadt Leverkusen liegt, so fällt auf, dass das Wort „Leverkusen“ bis 1930 keine kommunale Einheit bezeichnete. Es handelte sich bis zu diesem Zeitpunkt vielmehr um eine Ortsbezeichnung für den Sitz des Bayer-Werks und die in der Nähe befindlichen Mitarbeiterwohnstätten. Der Raum der heutigen Stadt Leverkusen gliederte sich vor 100 Jahren in Bezug auf die kommunale Zugehörigkeit noch ganz anders als heute. Es gab mit Opladen, Wiesdorf (seit 1920), Bergisch Neukirchen und Hitdorf vier Städte und mit Rheindorf und Schlebusch zwei Bürgermeistereien auf dem Gebiet der heutigen Stadt Leverkusen. Alle diese Kommunen befanden sich in einem Transformationsprozess von einer agrarischen zu einer industriell geprägten Gesellschaft, der im 19. Jahrhundert eingesetzt hatte – mit all seinen Begleiterscheinungen, wie Bevölkerungswachstum, soziale Ungleichheit und Spannungen, die sich auch in „Leverkusen“ unterschiedlich auswirkten. 

Auch hier waren die Herausforderungen, die mit dem Ende des Ersten Weltkriegs überall in Deutschland einhergingen, spürbar. In Wiesdorf und Opladen gab es nach der Novemberrevolution 1918 für einige Wochen Arbeiter- und Soldatenräte nach sozialistischem Vorbild. Aber auch andere Folgen des Ersten Weltkrieges, wie zum Beispiel die weltweit grassierende Spanische Grippe, waren im Raum Leverkusen zu spüren. Eine direkte Folge des Ersten Weltkrieges war die Präsenz von Besatzungstruppen im Gebiet der heutigen Stadt Leverkusen im Zuge der alliierten Rheinlandbesetzung. So waren in Wiesdorf und Opladen englische, schottische und neuseeländische Truppen stationiert und das britische Besatzungsregiment diktierte bis 1926 das politische Geschehen im heutigen Stadtgebiet. Der Besuch des britischen Kriegsministers Winston Churchill im Leverkusener Bayer-Werk [Abb. 2] unterstrich im Jahr 1919 die Bedeutung dieses Industriestandortes. Hier in den Farbenfabriken Bayer wie auch im Eisenbahnausbesserungswerk, dem mit Abstand größten Arbeitgeber in Opladen, war in den Nachkriegsjahren die Umstellung von Kriegs- auf Friedenswirtschaft eine große Herausforderung. Das betraf nicht zuletzt auch die zahlreichen Frauen, die in den Kriegsjahren als Ersatz für die im Krieg kämpfenden Männer zur Arbeit an der „Heimatfront“ herangezogen worden waren und nun ihre Rolle in der Nachkriegsgesellschaft neu definieren mussten.  

Die wirtschaftliche und infrastrukturelle Entwicklung, die nach dem Ersten Weltkrieg langsam wieder im Raum Leverkusen in Gang gesetzt wurde, wurde gebremst durch die Hyperinflation im Jahr 1923. Wie die meisten Kommunen im Deutschen Reich gaben auch die Städte Opladen und Wiesdorf 1923 Notgeld heraus, um den Bargeldumlauf in Zeiten immer größerer Geldentwertung aufrechtzuerhalten [Abb. 3]. Diese Notgeldscheine wurden mit immer höheren Nennwerten bedruckt und waren anfangs noch künstlerisch mit historischen Motiven gestaltet. In Deutschland wurde die Inflation erst durch eine Währungsreform beendet, sodass das Jahr 1923 nicht nur als Krisen-, sondern auch als Wendejahr bezeichnet werden kann. 

Die „Zwischenkriegszeit“ in Leverkusen als wechselhafte Zeit voller Krisen und Wendungen besaß allerdings auch mitunter bemerkenswerte Kontinuitäten, die sich im Falle „Leverkusens“ an zwei Personen in jeweils exponierten Stellungen festmachen lassen. Sowohl Carl Duisberg, Generaldirektor der Farbenfabriken Bayer von 1912-1926 und danach bis zu seinem Tod 1935 Aufsichtsratsvorsitzender der I.G. Farben, als auch Adolf Lucas, Landrat des Landkreises Solingen mit der Kreisstadt Opladen von 1900 bis 1927, erlebten in verantwortungsvoller Position in Wirtschaft und Politik die wechselvolle Zeitspanne vom Kaiserreich über Krieg und Revolution zur Weimarer Republik mit und prägten den Leverkusener Raum durch ihr berufliches Wirken [Abb. 4].  

Duisberg kann mit Recht als eigentlicher Erbauer des Bayer-Werkes in Leverkusen gelten und nahm als Generaldirektor von Bayer auf die politische, infrastrukturelle und kulturelle Entwicklung von Wiesdorf erheblichen Einfluss. So befürwortete er 1930 den Zusammenschluss Wiesdorfs mit Schlebusch und Rheindorf zur neugegründeten Stadt Leverkusen, nicht zuletzt, um eine Eingemeindung nach Köln zu verhindern, wo Bayer als ein Großunternehmen von mehreren weniger Einfluss nehmen könnte als in einer überschaubaren Stadt wie Leverkusen. Im kulturellen Bereich förderte Duisburg die Turn- und Sportvereine von Bayer und das Kulturangebot in Form von Musik, Tanz und Schauspiel, für das Bayer bis heute ein eigenes Bühnenhaus, das 1908 errichtete „Erholungshaus“ unterhält. 

Adolf Lucas verkörperte als konservativ-preußischer Landrat eine Kontinuität zur Kaiserzeit, jedoch engagierte er sich auch im neuen politischen System vehement für seinen Landkreis, die Versorgung der Bevölkerung und den Ausbau von Infrastruktur, Kultur- und Bildungseinrichtungen. Duisberg und Lucas unterhielten einen Briefwechsel über einen langen Zeitraum von 1912 bis 1935, der im Rahmen des StadtRäume-Projektes ausgewertet werden wird. Unter Carl Duisberg vollzog Bayer den Aufstieg zu einem Unternehmen von weltweiter Bedeutung, das 1925 mit weiteren großen Chemie- und Pharmaunternehmen in der Interessengemeinschaft Farbenindustrie AG (I.G. Farben) aufging. In der Zwischenkriegszeit entstand unter seiner Verantwortung das bereits erwähnte Bayerkreuz, errichtet 1933 [Abb. 5]. Es wurde mit Beginn des Zweiten Weltkriegs demontiert und nach dem Krieg durch einen etwas kleineren Neubau ersetzt.

Die „Zwischenkriegszeit“ brachte eine ganze Reihe von Neubauten und Innovationen im Bereich von Stadtentwicklung und Infrastruktur im Raum Leverkusen hervor, teilweise nach Plänen, die es bereits vor dem Ersten Weltkrieg gab, aber nun erst realisiert wurden. Dazu gehörten Projekte im Siedlungsbau, wie die 1922/23 durch die Stadt Opladen erbaute „Feuerwehrsiedlung“, die in ihrer Bauform einmalig war, da sie Wohnungen der Feuerwehrmänner architektonisch mit der Feuerwache und dem Gerätehaus verband. In Wiesdorf und später Leverkusen prägte der in Diensten der Kommune tätige Architekt Wilhelm Fähler die Stadtentwicklung der „Zwischenkriegszeit“ maßgeblich mit. Er entwarf zu dieser Zeit Bauten im modernen, internationalen Stil wie etwa das Carl-Duisberg-Gymnasium (1927, Abb. 6). Daneben plante er die Neuenhofsiedlung, ein großes Siedlungsbauprojekt der „Zwischenkriegszeit“ in Wiesdorf. Im Bereich der Infrastruktur ist der Ausbau von Straßenverbindungen signifikant: So wurde in Opladen ab 1931 eine der ersten Autobahnen Deutschlands als Umgehungsstraße errichtet. 

Ziel des Siedlungsbaus war nicht zuletzt der Zuzug von Arbeitnehmern für die ansässige Wirtschaft. Dementsprechend wuchs nicht nur die Bevölkerung im Raum Leverkusen/Opladen, sondern auch das kulturelle Angebot von Turn-, Sport-, Musik-, und Gesangsvereinen, aber auch von Gaststätten mit Tanzsälen oder Lichtspielhäusern. Auch politische Gruppierungen, die zuvor im Kaiserreich keine Rolle spielten, wie die sozialistische Arbeiterjugend, hatten im Raum Leverkusen in der „Zwischenkriegszeit“ regen Zulauf. 

Eine besondere Fragestellung, die im Rahmen des „StadtRäume“-Projekt untersucht wird, lautet, wie die neue Verfassung der Weimarer Republik bei den Menschen vor Ort in Leverkusen/Opladen ankam. Wie etablierte sich die Demokratie vor Ort? Aufschluss geben kann etwa eine genauere Untersuchung eines Ereignisses, das im August 1929 unter anderem im Manforter Stadion durchgeführt wurde: Landrat Peter Trimborn, ein Sozialdemokrat und Nachfolger von Adolf Lucas, veranstaltete hier eine „Verfassungsfeier“, um die Bevölkerung für den demokratischen Staat zu gewinnen. 

Auf der lokalpolitischen Ebene war ein wichtiges Ereignis in der „Zwischenkriegszeit“ die bereits erwähnte Gründung der Stadt Leverkusen durch einen Zusammenschluss der Stadt Wiesdorf mit den Gemeinden Rheindorf, Schlebusch und Steinbüchel zum 1. April 1930. Hintergrund war eine angesichts der unsicheren wirtschaftlichen Lage im gesamten Reichsgebiet vorhandene Tendenz zur Flurbereinigung und Neugliederung kommunaler Einheiten, um dadurch die lokalen Administrationen effizienter und wirtschaftlich unabhängiger zu machen. Was das Ergebnis dieser Neugliederung im Raum Leverkusen betrifft, so war der letztlich durchgeführte Zusammenschluss eine Lösung, zu der es mehrere Alternativen gegeben hatte, die auf große Resonanz in der lokalen Bevölkerung trafen. So wurde intensiv über eine Eingliederung von Wiesdorf und Schlebusch in die benachbarte Metropole Köln diskutiert. In Schlebusch wurde sogar ein Volksentscheid durchgeführt, bei dem die Einwohner eine solche Eingemeindung nach Köln mit großer Mehrheit ablehnten. Neben der Gründung Leverkusens wurde auch die Eingliederung Lützenkirchens nach Opladen beschlossen. Ab 1930 gab es somit folgende vier Städte auf dem Gebiet des heutigen Leverkusens, nämlich Leverkusen, Opladen, Bergisch Neukirchen und Hitdorf (Abb. 7). Zur Vereinigung dieser vier Kommunen zu einer Stadt Leverkusen kam es erst im Rahmen einer weiteren Gebietsreform im Jahr 1975.